Jede lebendige Erfahrung braucht mehrere Sinnes-Ebenen. Wenn viele Ebenen „stimmig“ sind, entsteht Vertrauen in meine Wahrnehmung. So lerne ich wie Essen riecht, schmeckt und sich im Mund anfühlt. Ich lerne wie eine Person aussieht, sich bewegt und ihre Stimme klingt. Meine vielen parallelen Sinne sind hilfreich im Austausch mit anderen Menschen. Wenn vieles parallel sich gegenseitig beeinflusst, nennen wir das „komplex“. Komplexes einfach lernen? Ja, das geht. Es ist Teil unserer menschlichen Natur.
Als Kind habe ich gelernt mich aufzurichten, zu gehen und zu tanzen. Ich kann auch singend tanzen. Wenn ich beides kombiniere, ist das oft ein Ausdruck meiner Lebensfreude, d.h. ich fühle mich sehr lebendig. Umso mehr Sinne involviert und angeregt werden, umso umfassender und intensiver ist meine emotionale Erfahrung. Ich fühle mich sehr lebendig und solche Erlebnisse bleiben länger in meiner Erinnerung.
Das nutzt z.B. die Unterhaltungsindustrie, in dem diese ein bestimmtes Erleben mit viel Show inszeniert. Ich kann eine breitere und tiefere Sinneswahrnehmung auch aus mir heraus erreichen. Es braucht nur meine Bereitschaft, mich meinen Fähigkeiten der Wahrnehmung zu widmen.
Schulung meiner Wahrnehmung
Hier gibt es bewährte Methoden: z.B. diverse Achtsamkeitsübungen, Meditationen oder Medialschulungen. Es geht im Wesentlichen um die Sensibilisierung der verschiedenen Sinne verbunden mit der Bewusstwerdung der Gesamtheit gleichzeitiger Sinneseindrücke.
Mit jeder Erfahrung lerne ich mich besser kennen, erlebe gleichzeitig meine eigene Entwicklung und werde vertrauter im Umgang mit meinen Sinnen. Das ist manchmal etwas unbequemer als das „sich-unterhalten-lassen“, aber es ist so wie nach dem Essen spazieren gehen – Hinterher bin ich froh, dass ich mich aktiviert habe.
Bei der Schulung der Wahrnehmung geht es darum, mich mit meinen Sinnen ganz bewusst darauf einzulassen, wo ich gerade bin und möglichst offen für mich selbst zu sein. Ich betrachte alles als Empfindungen. Wenn ich etwas denke, ist dies eine Sinneswahrnehmung wie meine Nase juckt. Wenn ich etwas „richtig“ oder „falsch“ finde, ist dies auch nur ein Meinungssinn. Alles ist erstmal ok und gut, dass es sich zeigt.
Das alles fällt mir viel leichter, wenn ich entspannter bin. insofern steht am Anfang jedes bewussten Lernprozesses ein Entspannungsprozess. Entspannung weitet die Sinne und ist wichtig für das eigene Vertrauen. Wenn Dir es schwer fällt zu entspannen, dann fang erstmal damit an, Deine Wege der Entspannung zu erkunden.
Erleichterung meiner inneren Verarbeitung
Meine innere Verarbeitung erlebe ich als ein komplexes Wirrwarr aus Gedanken, Emotionen, Bewertungen, Bedürfnissen und vieles mehr. Der Weg zu meinen körperlich sichtbaren Reaktionen ist sehr kurz. Daher erscheint Reiz und Reaktion oft als etwas Unmittelbares, als eine Einheit.
Die Erleichterung beginnt mit Trennung. Damit meine ich, das was sich wie „Eins“ anfühlt, zu unterscheiden. Das hilft, das Komplexe zu entwirren. Dafür hilft es, bewusst auf meine unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen einzugehen: Was sind meine Körperempfindungen? Welche Stimmen sind in mir laut und was sagen diese? Welche Emotionen und Gefühle sind spürbar?
Dieses Unterscheiden öffnet die Türen für das gezielte Interagieren mit mir selbst. Für jede Ebene nehme ich mir Zeit und Raum, um wahrzunehmen und zu erkunden, was sie braucht. So kann ich z.B. meinen Emotionen mit Mitgefühl begegnen, meine Glaubensätze erkennen und ihnen erst mal Recht geben, die dahinterliegende Sehnsucht erkunden und wertschätzen. Dieser Prozess geht oft leichter mit Unterstützung durch eine andere Person.
Mit dieser gezielten Nährung der verschiedenen Ebenen verändern sich alte Verknüpfungen. Gleichzeitig werden auch die „weniger lauten“ Ebenen erlebbar. Das heißt ich merke mehrere Empfindungen und bin nicht nur in dem einen Gefühl gefangen. Dies gibt mir mehr Sicherheit und öffnet meinen Blick. So tun sich oft neue Optionen auf, die ich vorher nicht gesehen habe.
„Ich kann mir nicht immer die Musik aussuchen, die mir das Leben spielt, aber ich kann immer wieder neu entscheiden, wie ich dazu tanze.“
Alle, die tanzen…
Die Veränderung meines Ausdrucks
Ich habe immer wieder erlebt, dass Veränderungen leichter möglich sind, wenn ich eine umfassende Akzeptanz für das vorherige Alte gefunden hatte. Für „umfassende Akzeptanz“ hilft Mitgefühl, Dankbarkeit und Demut vor dem was ich nicht verstehe. All das sind für mich Aspekte der Liebe. Ich lerne quasi mich und meine Vergangenheit lieben.
In komplexen lebendigen Gebilden wie mir, kann ich nicht ein altes Teilgebilde gegen ein Neues austauschen. Das Alte ist vielschichtig eingebunden. Ich kann es nicht raus schneiden oder überwinden. Liebe hilft dem Alten, sich zu entspannen und sich für etwas Neues zu öffnen. Nun kann ich das Alte um etwas Neues ergänzen. Das Neue verständigt sich mit Altem zu etwas neuen Gemeinsamen.
Dieses „Verbinden-Lernen“ ist für mich auch Lieben lernen. Komplexes Lernen geht leichter mit Freude am Ausprobieren, am Erleben selbst, am Erfahren mit den Sinnen. Meine Akzeptanz für mögliche „Fehler“, meine Hingabe an die Übung und meine Wertschätzung für meine Entwicklung sind wichtig, um mir selbst immer wieder auf diesem Weg zu helfen.
Komplexes Lernen geht zusammen leichter
Meine Unterteilung in Wahrnehmung, innere Verarbeitung und Ausdruck ist nur eine Hilfe für das Verstehen und das Finden eines Anfangs. Ich kann auch meiner Wahrnehmung mit Liebe begegnen oder mich machtvoll in meinem Ausdruck erleben. Vielleicht findest Du für Dich eine andere Herangehensweise hilfreicher.
Ich möchte zeigen, dass etwas Komplexes wie Sich-Verständigen-Lernen bewusst gestaltet werden kann, ähnlich dem Radfahren lernen. Ich verstehe die wichtigen Elemente und übe diese: Die Tretbewegung lernt sich leichter auf dem Dreirad und das Balancieren auf dem Laufrad. Wenn ich beides kann, fällt es mir leichter, es zum Radfahren zu verbinden.
Wenn wir Radfahren lernen, fangen wir an mit einer sicheren Umgebung, wo wir leicht ausprobieren können. Dies beinhaltet, anzuerkennen, dass jeder gescheiterte Versuch ein Hinzu zum Besser-Können ist. Um die Begeisterung am Lernen nicht zu verlieren, brauchen wir unterstützende Umgebungen. Besser ist Verständnis, Trost und Ermutigung, wenn wir stürzen – auch beim Sich-Verständigen-Lernen.
Wichtig ist beim Sich-Verständigen-Lernen, dass ich trotz äußeren Auslösern, die Türen zu mir selbst öffne und Antworten in mir suche. Du und ich sind nicht allein und mit anderen geht dieses Lernen leichter. Sammle ein paar Menschen um Dich, nimm gerne die Anregungen und Übungen aus dem Gemeinschaftscoaching und fang einfach an. Wenn Du Fragen hast, melde Dich.
Leben braucht Verständigung auf allen Ebenen!
Frank Breyer