Vor 8 bis 9 Jahren zerbrach mein kleines Glück, dass ich mir geschaffen hatte. Es zerbrach nicht in einem Moment. Es waren eher mehrere Dominosteine, die unterschiedlich träge, sich gegenseitig anstießen. Jeder Dominostein galt meinen Vorstellungen von dem, was mann (ich) im Leben erreichen muss. So lag damals im Juni 2013 meine kleine heile Welt zerbrochen vor mir.
Ich hatte es geahnt, gefühlt, gespürt, … und wollte doch an meinen Vorstellungen festhalten. Dieses Eingeständnis, dass ich es einerseits sinnlich wusste und anderseits trotzdem meinen Glaubenssätzen gefolgt bin, war das Licht am Horizont. Dieses Eingeständnis bewegte und veränderte etwas. In diesem Juni 2013 entdeckte ich ein tiefes Vertrauen in das Leben, in mich und das alles irgendwie gut wird. Ich fühlte mich mit dem Leben verbunden.
Genau heute sitze ich am See. Meine Kinder schlafen noch im Bus. Es ist derselbe Bus wie damals. Seitdem ist meine Familie größer geworden. Meine kleine heile Welt ist gewachsen und es schön so. Vor einem Jahr initiierte und veranstaltete ich mein erstes eigenes Festival und alle waren da und halfen mit. Danke an Euch. Heute sind es noch 8 Tage bis zum zweiten Liebe, Macht und Freiheit Festival.
Das erste Festival war eine emotionale Achterbahnfahrt – davor, währenddessen und danach. Davor, weil alles knirsch war und nur ein Monat zwischen erster Ankündigung und Beginn stand. Aber auch, weil ich einer Freundin sagen musste, dass ich nicht mehr mit ihr arbeiten kann und sie mich deswegen aus ihrem Leben strich. Währenddessen, weil am Anfang alles anders als gedacht und am Ende doch alles gut war. Danach vor allem, weil ich mich selbst erlebte.
Damit meine ich, dass ich mitbekam, wie ich an Vorstellungen festhielt, wie ich mich zu machte und verschloss, wie mein Vertrauen weg ging, mal wieder kam und wieder ging und … . Ich begegnete meinen kindlichen Wünschen, Bedürfnissen und Ängsten. Sie sind mein Wir in meinem Ich. Immer wenn wir uns mir zeigen ist es gut, sich einen Moment Zeit zu nehmen, mich uns zu widmen. Ja das klingt etwas holprig, aber unsere Sprache ist nicht ausreichend, um so etwas Komplexes wie mich zu beschreiben. Das Gleichzeitige passt nicht in das Nacheinander der Worte.
Auch dieses Festival ist zum jetzigen Zeitpunkt knirsch. 6 Wochen sind kurz um 100 Menschen zusammen zu holen. Ich schwanke immer wieder in meinem Vertrauen. Ich habe Angst und Mut. Der soziale Entzug der letzten Monate hat seine Spuren hinterlassen. Nicht nur bei mir. Die Menschen sind verhaltener, die Campingplätze leerer und große Gruppen sind irgendwie ungewohnt. Gleichzeitig ist es wichtig, uns neu zu begegnen, uns gegenseitig zu nähren, neu zu experimentieren in dem wir miteinander umgehen – auch für mich.
Deswegen möchte ich dieses Festival wieder machen, ggf. auch mit finanziellem Verlust. Dank des ersten Festivals und den Ereignissen danach, bin ich meinem Vertrauen wieder näher gekommen. Ich vertraue immer mehr in meine Lernfähigkeit mit dem Leben umzugehen. Damit meine ich, den mit dem Leben verbundenen Gefühlen nicht auszuweichen sondern mit ihnen zu wachsen. Und ja – ich möchte gestalten UND mich dem hingeben, was kommt.
Nun trinke ich Tee, schaue auf die Badewiese, über die Wildgänse laufen und sich beim Fressen und Häufchen machen von mir und meinem Schreiben nicht stören lassen. Ich werde jetzt wohl anfangen Pfannkuchen zu machen. Das haben sich die Kinder gestern gewünscht…
Juli 2021, Frank Breyer